Dieser Blog enthält eigene Artikel von und Presseartikel über die Arbeit von CHO

 

 

Das Digitale in der Kunst - Malerei, Computer und Künstliche Intelligenz

Hallo, ich veröffentliche hier Auszüge aus meiner in 2/2019 abgeschlossene Arbeit zum Bachelor of fine art, in der Hoffnung, Künstler zu finden, die an den selben Fragen und ähnlichen Fronten der Kunst arbeiten. CHO

 

 

Hinterglasmalerei und digital painting

 

 

 

Die Hinterglasmalerei nutze ich, weil sie mir am Besten die malerische Umsetzung von digital painting ermöglicht. Unter digital painting verstehe ich alle Formen der Bildbearbeitung am Computer, insbesondere Reduktionen, Retouchen, Montagen, Überlagerungen, Farbveränderungen und digitale Zeichnungen bzw. die Kombination aller dieser Elemente. Im Unterschied zu digitalen Bildgestaltern, die von der Fotografie her kommen, strebe ich einen Dialog zwischen dem Computer und dem Menschen an, also eine Umsetzung des von mir selbst geschaffenen digitalen Bildentwurfes mit malerischen Mitteln. Das erscheint mir als eine Möglichkeit zeitgenössischer Malerei, die uns durch moderne Techniken eröffnet wird.

 

 

 

Eine theoretische Grundlage hierfür fand ich bei Vilém Flusser. Er führt im Werk Für eine Philosophie der Fotografie (1) aus, wie sehr wir bereits zu Funktionsträgern der Maschine geworden sind, uns maschinenkonform benehmen und sogar maschinen-konform denken. Er legt weiter dar, dass dies keineswegs nur im Bereich der Fotografie gilt, sondern sich in vielen anderen Bereichen des Lebens bemerkbar macht. Am Ende seiner Schrift führt Flusser dann aus, was man tun kann, um sich der Herrschaft der Maschine zu entziehen:

 


"Еrstens man kann den Apparat in seiner Sturheit überlisten. Zweitens, man kann in sein Programm menschliche Absichten einschmuggeln, die nicht in ihm vorgesehen sind. Drittens, man kann den Apparat zwingen, Unvorhergesehenes, Unwahrscheinliches, Informatives zu erzeugen. Viertens man kann den Apparat und seine Erzeugnisse verachten und das Interesse vom Ding überhaupt abwenden um es auf Information zu konzentrieren. Kurz: Freiheit ist die Strategie, Zufall und Notwendigkeit der menschlichen Arbeit zu unterwerfen. Freiheit ist, gegen den Apparat zu spielen (...), aus dem Apparat etwas herauszuholen und ins Bild zu setzen, was nicht in seinem Programm steht."

 

Das Gegenteil wäre es, dem Computer weitgehend freie Hand zu lassen, wie etwa die Künstlergruppe Obvious beim rein computergenerierten Portrait Edmond Belamy2, das fälschlich als erstes von der künstlichen Intelligenz (nachfolgend: KI) geschaffenes Portraitbild bezeichnet3 wurde. Mir erscheint es aber problematisch, die Funktion des Künstlers derart auf reine Auswahlprozesse und das "Füttern" des Computers zu reduzieren. Ich habe mich daher im Sinne Flussers entschieden, mich zwar des Computers zu bedienen, aber ihn zu kontrollieren, nämlich durch eigenhändige malerische Umsetzung meiner digitalen Arbeiten in Form von Hinterglasmalerei.

 

 

 

An der Hinterglasmalerei gefällt mir insbesondere die Intensität der Farben, die an leuchtende Computerbildschirme erinnert. Die glatten Oberflächen knüpfen stark an die Erlebniswelt des modernen Menschen an, denn große Bildschirme und digitale Großleinwände gehören heute zu unseren täglichen Seherfahrungen. Mit glatten Oberflächen gehen auch stets Spiegelungen einher. Diese schaffen eine Verbindung der Bildfläche mit seiner seiner Umgebung und dem Betrachter. Besonders klar zeigte sich mir dies im Dia:Beacon Museum, wo Gerhard Richters Six Gray Mirrors zu sehen sind4.

 

 

 

Seit dieser Erfahrung empfinde ich Spiegelungen nicht mehr als störend. Vielmehr laden sie den Betrachter ein, vor dem Bild zu verweilen und das Bild intensiv aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Durch die Hängung kann man auch erreichen, dass die Lichtreflexionen ein positiv gestaltendes Bildelement werden. .

 

 

 

Bei Malen trete ich in einen intensiven Dialog mit meinen Computerarbeiten, überprüfe und konkretisiere sie abschließend. Ich habe nämlich festgestellt, dass der Computer Farben nicht eindeutig definiert. Bei verschiedenen Bildschirmen und Ausdrucken fallen die Farben immer verschieden aus. Ebenso enthalten die digitalen Entwürfe oft Unschärfen, die noch der malerischen Konkretisierung bedürfen. Ferner habe ich beim Malen die Freiheit, Formen zu konkretisieren, zu vereinfachen, wegzulassen oder neue Formen hinzuzufügen. Das heißt: im Malprozess muss ich viele endgültige Festlegungen treffen. So will ich am Beispiel der Kunst exemplarisch zeigen, dass der Mensch im Sinne Flussers die Herrschaft behalten kann, auch wenn er sich erklärtermaßen des Computers als Hilfsmittel bedient. Darum reicht es mir auch nicht, meine digitalen Kompositionen auf Acrylglas oder andere Bildträger zu drucken 5.

 

 

Künstlerische Bezugspunkte

 

 

 

Im Bereich des digital painting hatte ich starke Anregungen durch Andreas Gursky, der – obwohl von der Technik her Fotograf – sich als Maler sieht und eine Bildbearbeitung durchführt, die sich von der Objektwiedergabe löst und die Bildfläche frei gestaltet (z.B.Bahrain, Bangkok, 99-cent, Madonna Konzert). Umgekehrt beeindruckten mich die gemalten Fotografien von Gerhard Richter (Ema, Onkel Rudi). Johannes Meinhardt brachte das beim Vortrag am 15. Januar 2019 in der HBK auf den Begriff, dass sich die Unterschiede zwischen Malerei und Fotografie nivelieren6.

 

 

 

Interessant waren für mich auch die Arbeiten von James Rosenquist, insbesondere seine aus collagierten Zeitungsausschnitten und Werbeprospekten entstandenen Malvorlagen7. Dies war letztlich ein Vorläufer der Technik, mit der verschiedene Fotografien am Computer zu einer digitalen Collage verarbeitet werden.

 

 

 

Für die Malerei auf Glas bzw. Acrylglas zeigten mir Wolf Hamm und Nicola Stäglich, dass dies eine zwar unübliche aber durchaus moderne Technik ist8. Dass bereits Caspar David Friedrich in ähnlicher Weise mit hinterleuchteten Transparentgemälden9 gearbeitet hat, bemerkte ich im Examensprozess. Ein wichtiger Bezugspunkt ist für mich der zeitgenössische Maler Ryan Sullivan, dessen Bilder wie rissige, trocknete Landschaften wirken und Ähnlichkeiten mit Satellitenbildern aufweisen. Bei ihrer Erschaffung spielen erkennbar chemische Prozesse sowie mechanische Schüttungen, Rutschungen und Rüttelvorgänge ohne erkennbare "Einschreibung" des Künstlers eine entscheidende Rolle10.[...]

 

 

Resümee und Ausblick

 

 

Die ganze Arbeit zeigt, dass die Kunst den Topos "digitales Zeitalter" noch umfassender bearbeiten muss. Bis jetzt habe ich am Visualisieren von Seherfahrungen gearbeitet, die den digitalen Medien ähneln. Künftig will ich die Fragen bearbeiten: Wie weit ist die Maschine bereits in unser Leben und unser Denken eingedrungen? Wann erreichen wir den Punkt, wo grundlegende menschliche Werte angetastet werden? Wird dem Menschen von der KI das Monopol als Künstler entrissen oder ist das kreative Schaffen genau der Bereich, wo sich der Mensch behauptet? Oder ist der Mittelweg gangbar, dass Künstler und Maschine zusammenarbeiten und ein kreatives Team bilden14? Mit meinem künstlerischen Handeln möchte ich einen kleinen Betrag zu diesem Diskurs leisten.

 

 

Quellenverzeichnis

 

 

 

1) Vilém Flusser, „Für eine Philosophie der Fotografie“,

 

Erstausgabe 1983, mir vorliegende Neufassung des Textes von 1992 , S. 73f; es erscheint unglaublich weitsichtig, dass Flusser dies schrieb, bevor die Menschheit in das Zeitalter der PCs, Handys und Smartphones eintrat.

 

 

 

2) Für das Bild „Edmond Belamy“ wurden von den Künstlern 15.000 Portraits diverser klassischer Maler ausgewählt, gescannt und in einen Computer eingespeist. Dieser erhielt sodann die Aufgabe gestellt, mit Hilfe eines frei im Internet zugänglichen Algorithmus aus dieser Datenflut selbsttätig eine Reihe neuer Portraitbilder zu berechnen. Diese computergenerierten Bilder wurden dann ausgedruckt. Auf einem davon wurde von den Künstlern die Formel des Algorithmus wie eine Signatur aufgetragen und das Bild dann beim Auktionshaus Christie's 2019 für 432.500 Dollar versteigert. Dabei ist es interessant, einen Blick auf die neun anderen Computerportraits zu werfen, die vom gleichen Künstlerkollektiv mit demselben Algorithmus hergestellt wurden. Sie sind künstlerisch offenkundig misslungen, nämlich fratzen- bzw. karrikaturhaft. Bemerkenswert ist auch die – durchaus kritisch zu hinterfragende - Begründung des beteiligten Künstlers P. Fautrel, warum die geschilderte Vorgehensweise doch Kunst sei: "Selbst wenn der Algorithmus das Bild schafft, wir sind diejenigen, die das entschieden, die entschieden, es auf Leinwand zu drucken, es mit einer mathematischen Formel zu signieren und ihm einen goldenen Rahmen zu verpassen.“

 

 

 

Vgl. https://www.tz.de/welt/edmond-belamy-fuer-432-500-dollar-versteigert-dieses-bild-hat-ein-ein-computer-gemalt-zr-10374018.html?cmp=defrss;

 

https://www.n-tv.de/panorama/Dieses-Gemaelde-hat-ein-Algorithmus-erzeugt-article20689255.html;

 

https://www.n-tv.de/mediathek/videos/panorama/Algorithmus-Gemaelde-pulverisiert-geschaetzten-Wert-article20690336.html

 

 

 

Für ebenso effekthascherisch wie den Rummel um “Belamy” halte ich die Meldung über die erste Kunstausstellung eines Computers https://www.deutschlandfunk.de/grossbritannien-roboter-kuenstlerin-plant-erste-ausstellung.2849.de.html?drn:news_id=976027

 

Dass die angebliche Computerfrau Ai-Da Portraits von Besuchern zeichnet, ist nicht wirklich aufregend. Es gibt bereits Dutzende Handyprogramme, die Fotos in Zeichnungen konvertieren können (z.B. SketchGuru, Skizzenmeister, Sketch PhotoEditor et alt.). Diese Programme mit einem Roboterdummy nebst Kameraobjektiv zu verbinden, ist sicher kein Meisterstück. Allenfalls läßt sich auf einer Metaebene das große Interesse am Thema erahnen.

 

 

 

3) Es war definitiv nicht das erste computergenerierte Portrait. Bereits im April 2016 wurde Portrait im Stil Rembrandts von einem Computer der Delft University of Technology berechnet und mit einem 3-D-Drucker ausgedruckt, das auf 168.263 Einzelaufnahen Rembrandt´scher Bilder basierte. Vgl. https://www.theguardian.com/artanddesign/2016/apr/ 05/new-rembrandt-to-be-unveiled-in-amsterdam;

 

 

 

4) A. Jones hält dies für eine der wichtigsten Arbeiten von Gerhard Richter, weil Richter es gewagt hat, dort, wo wir instinktiv ein Bild erwarten, reine Reflektion zu zeigen. Es bestätigt, wie sehr das Bild von der Erwartung des Betrachters abhängt bzw. in seinem Kopf entsteht. Vgl. https://imageobjecttext.com/2012/05/29/mirror-mirror-2/#more-2209;

 

 

 

5) Im Rahmen der Ausstellung Digital Gods lernte ich im November 2018 Emil Schult, einen wenig bekannten Pionier digitaler Malerei, kennen. Er kam aus der Entourage der Gruppe Kraftwerk, die Pioniere im Bereich digitaler Musik und des Electropop waren. Schult hat schon in den späten 80-iger Jahren versucht, analog zur digital erzeugten Musik digital erzeugte Bilder zu komponieren. Dabei war es seine bevorzugte Technik, computergenerierte Collagen hinter Acrylglas zu drucken. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Schult

 

https://transhumanartcritics.com/wordpress/editions/

 

http://www.emilschult.de/

 

 

 

6) Johannes Meinhardt, Vortrag zum Thema "rethink painting" in der Hochschule der bildenden Künste Essen am 15.01.2019 zu den Spezifika von Malerei und Fotografie. Vgl. https://www.hbk-essen.de/index.php/newsneu/vortragsabend-rethink-painting.html; dort angekündigt mit dem Titel “Zu den sowohl irreduziblen als auch unausweichlichen Aporien der Medienspezifität der Malerei”

 

 

 

7) Insbesondere die Ausstellung “James Rosenquist -Eintauchen ins Bild”, s. https://www.museumludwig.de/de/ausstellungen/rueckblick/ 2018/james-rosenquist-eintauchen-ins-bild.html;

 

 

 

8) vgl. Hamms Acrylglasarbeiten http://www.wolfhamm.de/paintings/2016/ und das Interview mit Nicola Stäglich http://feldbuschwiesnerrudolph.com/nicola-staeglich.html. Von letzterer nahm ich den Hinweis mit, dass Malerei auf einem transparenten Bildträger Farbprojektionen auf der dahinter liegenden Wand erzeugen und die Farbe so zum Schweben bringen kann. Für mich ist dies noch ein schmerzlich unerfüllter Wunsch.

 

 

 

9) vgl. Caspar David Friedrich, Die Erfindung der Romantik, Museum Folkwang Essen, 2006; K. Szymczak sieht in derartigen transparenten Bildern einen Bezug auf eine höhere geistige Sphäre, auf das Reich des Geistigen und Immateriellen, eine Sehnsucht nach Grenzenlosigkeit und Freiheit.https://books.google.de/books?id=qF9l5uwLf3cC&pg=PA163&dq=caspar+david+friedrich+transparent+gem%C3%A4lde&hl=es-419&sa=X&ved=0ahUKEwjPqNmwu5bgAhXp-SoKHUnmATAQ6AEIKTAA#v=onepage&q=caspar%20david%20friedrich%20transparent%20gem%C3%A4lde&f=false

 

 

 

10) Dass die Technik Sullivans Bilder wie Satellitenaufnahmen erzeugt, ist mehrfach bemerkt worden: "Sullivan multilayers oil, paint, latex, enamel and spray paint to create canvases that appear like close-ups of volcanic rock or colourful satellite images of lunar landscapes“; https://karmpreetgillblog.wordpress.com/2016/02/25/ryan-sullivan/

 

 

 

11) vgl. Vue d´en haut, Centre Pompidou-Metz, Redaktion A. Lampe, 2013

 

 

 

12) Das Bild Öksjuvatn musste nachträglich wegen eines technischen Fehlers am Rand neu zugeschnitten werden.

 

 

 

13) vgl. „Geschichte der Kartographie - Mapping of the World“, C.S. Schüler, 2010; „Map/Karten - Die Welt entdecken“, Redaktion N. Schnackenbeck, 2015; „Seeungeheuer und Monsterfische“, C. Van Duzer 2015; sowie Kongressmaterialien der schweizerischen Gesellschaft für Symbolforschung zur Tagung "Phantastische / symbolische / fiktive Landkarten" vom 15.09.2018 in Zürich; http://www.symbolforschung.ch/Phantastische_Landkarten.html

 

 

 

14) Eine Möglichkeit der Arbeitsteilung zwischen Künstler und Computer ist der Versuch, historische Gemälde durch Bewegungen zu animieren. Bemerkenswert erscheint mir hier die realistische Bewertung der Bildbearbeiterin Simone Seagle, sie verstehe sich ausschließlich als Programmiererin, nicht als Künstlerin; vgl.

 

https://www.heise.de/tr/artikel/Kunst-in-Bewegung-4299180.html?hg=1&hgi=3&hgf=false . Trotzdem muss man etwa dem Bild “Die Japanische Brücke” von Claude Monet oder “Violett” von Wassily Kandinsky attestieren, dass sie durch die zusätzliche Bewegung eine ungewöhnlich meditative, ja fast hypnotische Wirkung erzielen. Im angegebenen Link ist dies unter Bild 1/9 und 4/9 zu betrachten.

 

 

 

Eine weitergehende Kooperation ergibt sich aus der Kollaboration des Filmkomponisten Lucas Cantor mit der künstlichen Intelligenz. Der chinesische Smartphonehersteller Huawei beauftragte diesen, Schuberts unvollendete “Sinfonie in h-Moll” mithilfe der KI zu vollenden. Zu diesem Zwecke wurden der KI von Huawei, die sonst zur Gesichtserkennung dient, zunächst die existierenden Teile der Sinfonie und andere Werke des Musikers eingegeben. Nach dessen Analyse verfasste die KI einfache Bruchstücke von Piano-Melodien (sogen. Midi-Samples), die der Komponist dann ausbaute, neu aneinanderreihte, für mehrere Instrumente arrangierte und zum Teil auch verwarf. Cantor erklärte: "Meine Rolle war es, die bereits guten Ansätze der KI herauszuziehen, die Lücken zu füllen und sicherzustellen, dass das Endprodukt von einem Sinfonie-Orchester gespielt werden kann". Nach Cantor sei die KI “wie ein Kollege gewesen, der niemals müde wird, nie schlecht drauf ist und dem nie die Ideen ausgehen”. Vgl. https://www.n-tv.de/technik/Ein-Smartphone-vollendet-Schuberts-Unvollendete-article20845280.html , wo neben der Zwischenüberschrift “Möglichkeiten demonstriert” über ein Klangfeld auch die 45-minütige Komposition abgerufen werden kann. Für einen musikalischen Laien hört sich das Ergebnis als gelungene künstlerische Kooperation von Mensch und Maschine an. Eine vergleichbare Zielsetzung verfolgte ich mit meiner Arbeit.

 

 

 

 

 

"Cho" buddelt 1000 Handys ein      Textfassung des Artikels im Express

Wer erinnert sich nicht an die Zeiten, in denen der Handy-Akku drei Tage hielt, man stundenlang „Snake“ spielen konnte und jede SMS noch etwas Besonderes war?

 

Das war auch die Zeit des „Nokia 6310i“, das längst Kultstatus erlangt hat.

 

Bei der Performance des Künstlers Cho wurden am Freitagabend „Tausende“ dieser Nokias in der Galerie „The Box“ (Duisburger Straße 97) „beerdigt“. Sie landeten in einem großen Sandhaufen. Eine Kunst-Aktion.ym bleiben

 

„Cho“, der anonym bleiben möchte, da es ihm um die Sache und nicht seine Person gehe, erklärte gegenüber dem EXPRESS im Vorfeld: „Wir beerdigen quasi die erste Generation der Handys. Das »Nokia 6310i« löst Emotionen aus, weil das so viele hatten.“

 

Unterstützt wurde der Aktionskünstler von der Kölner Recycling-Firma „Mobile-Box“, die die alten Geräte bereitstellte. Eine Botschaft, die die Performance vermitteln soll: Alte Handys müssen nicht zu Hause in der Schublade versauern.

 

Vorbild von „Cho“ ist Joseph Beuys

 

Was viele nicht wissen: „Da stecken ja noch Wertstoffe wie Wolfram drin“, so der Künstler. „Mobile-Box“ kümmern sich um die Wiederverwendung und das Recycling alter Mobiltelefone.

 

„Cho“, dessen Werke oft an Kunstformen des Düsseldorfer Künstlers Joseph Beuys anknüpfen, geht es aber um mehrere Aspekte bei seiner  Installation. So sagt er: „Wir leben in einer Zeit, in der unsere Handys oder Smartphones wieder durch noch neuere Applikationen ersetzt werden.  Zum Beispiel durch Sprachassistenten oder Mobile Watches.“

 

Kritisch sieht der Düsseldorfer darüber hinaus die veränderte Bedeutung, die den kleinen – oder faktisch immer größer werdenden Geräten zugeschrieben werde. Früher ein Symbol für Freiheit, katapultieren uns die Smartphones in eine wachsende Abhängigkeit bis hin zur „Sklaverei“, wie „Cho" es nennt.

 

Handy kennt einen besser als man selbst

 

Außerdem würden Smartphones immer mehr zu Überwachungsgeräten. „So nach dem Motto: Das Telefon kennt mich eigentlich besser als ich mich selbst.“

 

Trotz aller kritischen Aspekte sollte die Aktion aber auch Spaß machen. So ertönte ein lustiges Bimmel-Orchester, als die Besucher gleichzeitig die „vergrabenen“ Handys anriefen und die Erde „vibrierte“. Die Ausstellung „Grenzübertritte“ läuft noch bis zum 20. Januar.

 

(exfo)

 

- Quelle: https://www.express.de/29443338 ©2018 -

Drei Probleme der digitalen Malerei

CHO 2016


Traditionelle Malerei wird mit Pinsel, Farbtuben und mit der Staffelei hergestellt. Die Kleidung des Malers muss mit Farbflecken bedeckt sein. Seine Hände riechen nach dem Terpentin, mit dem er seine Hände in aller Unschuld wäscht. Aber das wird nicht immer so weitergehen. Das Ölgemälde und sein Vorgänger, die Temperamalerei, haben nicht immer existiert. Sie werden nicht ewig bestehen, auch wenn sie heute noch die Königsdisziplin der bildenden Kunst sind. Es wird der Tag kommen, an dem der Maler einen digitalen Pinsel benutzt. Und er wird den Bildschirm seines Computers als Staffelei benutzen. Mit einem speziellen Malprogramm wählt er die Farben, die Stärke und Richtung der Linien sowie die Farbgebung. Er wird in der Lage sein, die Mischung der Farben direkt auf dem Touchscreen zu korrigieren. Es wird ausgefeilte Programme für genaue Farbübergänge geben. Bei den ganz teuren Programmen wird ein Mischsystem mit Schläuchen den genauen Farbton in den kontinuiertlich Farbe spendenden Pinsel einschießen. Der Maler kann dann endlose Striche machen, ohne abzusetzen.

 

 

 

Das wird so sicher geschehen, wie die Maler der Gegenwart nicht mehr in Höhlen mit Blut, Milch und Steinpulver arbeiten, so wie es noch die Maler der Steinzeit taten.

 


Wie es aussieht, kommen viel mehr Impulse in dieser Richtung einer digitalen Kunst aus der Fotografie, während die traditionellen Maler skeptisch bleiben. Sie schauen auf die digitale Kunst herab, als ob es nur ein Produkt von Erstklässlern wäre. Wenn diese Einstellung der Maler sich nicht ändert, wird digitale Kunst, von den Fotografen erobert und die traditionelle Malerei wird beiseite stehen.

Dies sind nur die groben Linien, dies sind flüchtige Einblicke in die Zukunft. Heute macht digitale Malerei erst nur die ersten Schritte und ist überhaupt noch nicht perfekt. Es gibt vier große Probleme, die von der digitalen Kunst bisher nicht gelöst wurde.

Die erste Frage ist die Abwesenheit des "Originals" in einem physikalischen Sinn.

 

 

 

Wenn das Bild nur eine digitale Geburt erlebt und am Ende nur aus einer binären Sequenz besteht, kann man es so oft kopieren, wie man möchte. Man kann bei diesen Kopien am Ende nicht sagen, welches das Original ist. Wenn das ganze Bild aus den Zeichen für weiß und schwarz, für Ja und Nein, aus positiv und negativ besteht, können sie diese Zeichenfolge beliebig wiederholen, ohne dass Kopie und Original sich unterscheiden. So wird der einzigartige Wert des "Originals" zerstört und folglich auch das Objekt, das der Künstler bislang zu einem guten Preis verkaufen konnte. Vielleicht kann mandiese Probleme für den Binärcode mit einer Art Kopierschutz oder digitaler Signatur und Verschlüsselung lösen. Aber egal, ob man digitale Kunst auf einem Bildschirm oder auf einem feinen digitalen Ausdruck zeigen, das Ergebnis wird immer ein beliebig reproduzierbarer Druck sein. Es wird niemals das einzige und unnachahmliche Original sein, wie es durch Ölgemälde geschaffen wurde.

Am Ende weiß bis heute niemand, ob dieses Problem überhaupt gelöst werden kann. Vielleicht gibt es keine Lösung, ohne die Rolle des Künstlers selbst komplett zu verändern. Vielleicht muß die Kunst auch noch auf das Original verzichten, so wie sie schon auf vieles verzichtet hat. Die Kunst hat schon im Kubismus auf die Zentralperspektive verzichtet und auf die eine gültige Blickrichtung. Die Kunst hat in der gegenstandlosen Malerei auf das Objekt verzichtet. Die Kunst hat im schwarzen Quadrat auf den Gegenstand und die Farbe verzichtet. Die Kunst hat im ready made auf jede Illusion der Originalität verzichtet. Die Kunst hat in der c
oncrete art auf jede Emotion verzichtet. Vielleicht muß die Kunst jetzt auch noch einen letzten Schritt machen und auf das Original verzichten.

 

Das zweite ungelöste Problem der digitalen Kunst der fehlende Korpus und damit verbunden die geringe Dauerhaftigkeit des Oeuvres. Der fehlende Korpus führt dazu, dass dem Bild das digital erstellt wird, noch die Anmutung des Materials fehlt, die Rauhheit der Oberfläche die Transparenz verschiedener Farbschichten, die Dicke des Farbauftrages und die Sichtbarkeit des Pinselstriches etc. Aber das kann man wahrscheinlich lösen, indem man den digitalen Farbauftrag mit dem 3-D Druck verbindet. Letzlich ist es möglich, den realen und möglicherweise mehrschichtigen Farbauftrag des Malers in mehreren Arbeitsgängen der Maschine zu simulieren. Letztendlich hat auch der Maler ein Programm im Kopf und setzt dieses um. Jede solche Handlung kann die künstliche Intelligenz erlernen.

 

 

Es geht aber auch um die geringe Dauerhaftigkeit des Produktes, die geringe Dauerhaftigkeit des Kunstwerkes.

Ein hochwertiges Ölgemälde hat so etwas wie eine "Garantie der Ewigkeit". Ist es technisch gut gemacht, hat es eine Lebensdauer von 500 bis vielleicht 1000 Jahren.

 

 

Jeder Foto- oder Papierdruck hat dagegen das Problem einer begrenzten Lebensdauer. Es gibt chemisch zwangsläufig den Zerfalls des Fotopapiers und der Farbschichten. Die Lebensdauer eines Drucks auf Papier hängt von vielen Faktoren ab, von dem Papier, der Art des Farbmediums und den Umständen der Lagerung. Die maximale Lebensdauer von Fotos und Drucken wird auf 200 Jahre geschätzt.

Aber wie lange dauern unsere Fotos, ihre Filme und wie lange die digitale Kunst? Wie haltbar ist das Medium der digitalen Kunst? Schon jetzt verschwinden die meisten alten Spielfilme durch die Zersetzung der Zelluloid-Rollen. Die alte Urlaubsfotos und Filme unserer Eltern verbleichen auf dem Dachboden. Finden wir eine technische Möglichkeit, unsere Fotos und damit die digitale Kunst zu bewahren? Um die Lebensdauer der digitalen Kunstdrucke zu erhöhen, können wir die Bilder auf Acrylglas drucken. Also so wie Andreas Gursky seine digitale Kunst präsentiert. Wir können die digitalen Ausdrucke verschweißen oder auf Aluminium Dibond drucken. Aber wie lange das ohne chemische Reaktionen stabil bleibt, weiß heute niemand genau.

Natürlich können wir die digitale Kunst auf ein elektronisches Speichermedium legen. Auf eine CD oder einen Speicherchip. Aber werden die uns für fünfhundert Jahre erhalten bleiben? Wer kann in 500 Jahren noch unsere heutigen Binärdateien im JPEG Format lesen? Oder sollen wir die "Garantie der Ewigkeit" vergessen? Können kommende Generationen vielleicht noch die Höhlenmalereien aus unserer Steinzeit sehen, aber keine Spur mehr der moderne Kunst des

 

zweiten Jahrtausend ?

Aber vielleicht gibt es technische Antworten für das zweite Problem. In letzter Zeit werden digitale Informationen in flüssiges Glas gegossen, das die Informationen 10 000 Jahre speichern soll. Das ist eine Art des 3D-Glasdrucks. Vielleicht wird das so gedruckte Glas in Zukunft der "Körper" der digitalen Kunst sein. Vielleicht aber wird auch der 3-D Druck stabile Farbschichten auf haltbaren Untergründen ermöglichen, die über die Haltbarkeit der Ölmalerei hinausgehen.

 

Die dritte Herausforderung ist die extreme Geschwindigkeit des technischen Wandels der Benutzeroberflächen und der Sehgewohnheiten.

 

Gerade in dem Moment, in dem wir der digitalen Kunst eine Form geben, erscheint sie bereits bald wieder altmodisch zu sein. Ein gutes Beispiel für die besondere Vergänglichkeit digitaler Kunst sind die hervorragenden Videoinstallationen von Nam Jun Peik. Obwohl sie einst, vor 50 Jahren ein revolutionärer Schritt gewesen sind, sehen sie heute bereits wegen der verwendeten Fernsehgeräte als Exponate eines historischen Museums aus.

Das heißt: Die digitale Kunst teilt die Schnelllebigkeit und Vergänglichkeit der verwendeten Technologie. Sie ist vom ersten Moment an bedroht und muss neue Technologien integrieren. Die digitale Kunst muss sich jeden Tag neu öffnen, sie muss Computerspiele als neue Welten der Kunst erschließen und sich des Hologramms bemächtigen, bevor es zum Konsumgut der Massen wird. Die digitale Kunst kann sich nicht für einen kleinen Moment ausruhen, um ihren Fortschritt zu genießen.

 

 

Wenn die digitale Kunst diese Pflicht zum ständigen technischen Wandel nicht erfüllt, wird und muss sie vergehen. Am Ende ist digitale Kunst eher ein Akt des Glaubens, eine spirituelle Einstellung zur jeweils neuesten Technik. Es bedeutet: Wir sind hier, wir sind im hier und heute, wir sind im Zentrum dieser modernen Welt. Der digitale Künstler ist kein verschlafener Soldat der Nachhut, er ist die Front der Gegenwart. Der digitale Künstler ist die Gegenwart. Der digitale Kunst ist ein Spiegelbild des Jetzt.

 

 

 

Ein Lob der Unschärfe!

CHO 2013

 

 

 

Die Technik, viele Schichten übereinander zu legen und Farben abzukratzen, ist nicht eine einzigartige Erfindung von Richter. Aber mit dem Mut zum Verwischen trifft er den Nerv der Zeit. So vieles huscht in unserem Leben vorbei: Musik, Informationen, Menschen, neue Techniken, schreckliche Nachrichten, die morgen schon vergessen sind und sogar Beziehungen und Lieben. Die vorbeihuschenden Schatten, wie wir sie aus dem Zug oder aus dem Auto sehen, drücken unser Lebensgefühl aus. Nichts können wir festhalten, kaum bleibt die Zeit, genau hinzusehen. Es geht einfach alles viel zu schnell für unsere Seele, die noch in der Zeit des Neaderthalers stehen geblieben ist. Mit dem Computer und seiner Schnelligkeit können wir nicht mithalten. Unsere Augen und unsere Gefühle sind zu langsam,darum huscht alles vorbei. Die verwischten Schatten von Gerhard Richter drücken das perfekt aus. Enn man heute Monets Seerosen malen wollte, müßte über das noch feuchte Bild eine Holzlatte darübergezogen und die schönen Seerosen damit verwischt werden. Aber das Verwischte und das Verschwommene ist nicht nur etwas Trauriges. Es ist auch ein willkommener Selbstschutz. Wir werden so bombardiert von Nachrichten und Einzelheiten, die eigentlich unwichtig sind, dass wir alles gar nicht so genau wissen müssen und wollen. Verschont uns mit der grausigen Exaktheit der Fotografie, möchte man rufen. Katastrophen sehen wir schon genug, Unwichtiges auch. Gebt uns die Gnade der Unwissenheit, der Verschwommenheit. Beenden wir das exakte und planbare Leben. Gönnen wir uns den Rakel des Verwischens, der alles auflöst und dem Zufall preisgibt. Nur so entgehen wir dem Overinformation-Syndrom!

 

Manifest für eine Kunst des digitalen Zeitalters

Cho, zusammen mit einigen amerikanischen Freunden 2015 nach einer durchzechten Nacht

 

 

 

 

Es ist Zeit

 

 

 

es ist die Zeit

 

 

 

es ist höchste Zeit

 

 

 

dass Bilder sprechen

 

 

 

und singen.

 

 

 

 

 

Es ist die Zeit

 

 

 

in der die Dimensionen fallen

 

 

 

und alle Sinne betören und verwirren;

 

 

 

die zweite Dimension verliebt sich in die dritte.

 

 

 

 

 

Es ist Zeit für neue Gedanken,

 

 

 

lass dein Bild sprechen,

 

 

 

lass dein Bild laufen

 

 

 

und zucken

 

 

 

schreib ein neues Programm.

 

 

 

Das Bild fängt an sich zu bewegen,

 

 

 

dann fängst du an, dich im Bild zu bewegen.

 

 

 

Aber berühre nicht den Herkules unvorsichtig. Im ersten Schreck könnte er dich mit seiner Keule erschlagen. Der Künstler, der das Bild zum Leben erweckte, hat eine Sicherung der Besucher vergessen. 

 

Und halte Abstand von Géricault

 

 

 

die Überlebenden vom Floß der Medusa

 

 

 

könnten deinen Arm ergreifen und ihn verspeisen, ihr Hunger ist unendlich.

 

 

 

Vorsicht auch vor Van Goghs Selbstbildnis aus Arles; sein Rasiermesser ist nicht weit und auch Gaugin hat einen scharfen Degen. Im Suff sind beide unberechenbar.

 

 

 

 

 

Und in Guernica fallen Bomben,

 

 

 

viele Besucher des Bildes sind nicht zurückgekommen, betrete das Bild bitte

 

 

 

stets nur mit Schutzhelm und Kevlarweste.

 

 

 

 

 

Und fürchte den Richter. Er wird dich wie ein schwarzes Loch bis zur Unkenntlichkeit in die Länge ziehen und in Schichten zerreißen.

 

 

 

Sei auf alles gefasst im Red light Distrikt der Kunst. Vor Gustave Courbets Ursprung der Welt und Kapoors Vagina der Königin fliegen Farbbeutel. Die Berninis heilige Theresa stöhnt so laut, dass du Odysseus um Ohrstöpsel bitten musst.

 

 

 

Geh lieber zum Frühstück im Grünen mit Manet, aber vergesse den Champagner nicht. Besuche die Burg von Jerusalem, doch reite schnell dorthin durch virtuelle Lüfte auf dem geflügelten Pferd .

 

 

 

 

 

 

 

Denn jetzt ist die Zeit,

 

 

 

wo etwas neues beginnt,

 

 

 

doch wir sehen nur den ersten Schritt,

 

 

 

nur den winziger Bruchteil des Millimeters

 

 

 

des Wegs.

 

 

 

Versuch nicht zu malen wie Picasso oder Malewitsch,

 

 

 

selbst wenn du besser malst als sie, bleibt es ihr Programm; besser zu malen als Magritte ist bekanntlich nicht schwer, aber der Unterschied zwischen dem Ding und seinem Bild bleibt seine App.

 

 

 

 

 

 

 

Es ist Zeit für neue Gedanken,

 

 

 

lass dein Bild sprechen,

 

 

 

lass dein Bild laufen

 

 

 

und zucken

 

 

 

schreib ein neues Programm.

 

 

 

Paul Gauguin reiste in die Südsee um neue Bilder zu malen. Hätte er nur die italienische Küste gemalt, oder sich mit Manet den Seerosenteich geteilt, würden wir heute noch seinen Namen kennen?

 

 

 

Doch wohin reist du? Und wer bitteschön wird der erste Landschaftsmaler vom Mars?

 

 

 

 

 

Also ganz ruhig:

 

 

 

Das „Ende der Kunst“ und „anything goes“ist nur ein Moment des Verschnaufens.

 


Die Malerei stirbt nicht
denn sie ist die Imagination all dessen
was geschah und noch geschehen wird

 

aber wir malen unsere Bilder nicht mehr auf der Leinwand

 

 

 

sondern auf der virtuellen Oberfläche

 

 

 

und zeigen mit Handbewegungen unserem Computer die Pinselstärke.

 

 

 

Und auch Geld wird weiter verdient,

 

 

 

vielleicht nicht mehr am einzelnen Bild,

 

 

 

aber wenn du was zu sagen hast,

 

 

 

wirst du wirst tausendfach gestreamt.

 

 

 

Wir beginnen mit dem Computer zu sprechen,

 

 

 

unser Bild entsteht im Dialog mit den Bits

 

 

 

unsere Träume unterwerfen sich der Disziplin der Algorithmen. Nicht die Van Goghs sterben aus, aber der nächste Van Gogh wird Maler und Programmierer sein.

 

 

 

Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie fortan in einer polymorphischen Kommune:

 

 

 

das Blatt, die Leinwand, der Bildschirm, der virtuelle Raum, der echte Raum, der Ton, die Musik, das Wort, die Zeit, der Tanz und die Bewegung.

 

8/2015

 

Zu den drei Bildern "Walther von der Vogelweide reloaded I-III"

Es handelt sich bei dem Gedicht und Liedtext um eines der ersten deutschen poetischen Texte, geschaffen ca. 1200 n.C., also ziemlich am Anfang des Mittelalters. Verschiedene Zeilen davon haben mich für die drei Bilder "Walther von der Vogelweide reloaded" inspiriert, natürlich ironisch gebrochen.

Unter der Linde,
auf der Wiese,
dort wo das Bett von uns zweien war,
da könnt ihr sehen,
liebevoll gebrochen,
Blumen und Gras.
Vor einem Wald in einem Tal,
tandaradei,
sang schön die Nachtigall.

Ich kam gegangen
zu der Wiese:
Mein Geliebter war schon vor mir da.
Und so begrüßte er mich,
heilige Jungfrau,
daß ich darüber für immer glücklich bin.
Ob er mich küßte? Sicherlich tausendmal:
tandaradei,
seht, wie rot mein Mund ist.

Er hatte aus
Blumen ein herrliches
Bett hergerichtet.
Darüber wird sich jeder von Herzen
freuen,
der dort vorübergeht.
An den Rosen kann er noch gut,
tandaradei,
erkennen, wo mein Kopf lag.

Daß er mit mir schlief,
wüßte das jemand
(nein bei Gott!), dann schämte ich mich.
Was er mit mir tat,
niemand jemals soll das
wissen außer ihm und mir.
Und jenem kleinen Vogel:
tandaradei,
der wird sicherlich verschwiegen sein.

Künstler aus Costa Rica suchen eine Galerie in Deutschland

 

 

Bericht über Gespräch mit Künstlern

 

in San José / Costa Rica

 

 

 

Am 24. August 2017 habe ich mich in der Casa del Artista mit mehreren Künstlern getroffen, die Interesse an einer Ausstellung in Deutschland haben.

 

 

 

Es handelte sich um folgende Personen:

 

 

 

Guillermo Porras (Künstlername El Chino)

 

 

 

Guillermo ist ein national erfolgreicher Spitzenkünstler, der eine lange Ausstellungsliste besitzt (u.a. auch USA) und 2015 eine große Ausstellung mit dem Namen „Vento Sud“ im Museo de Arte Costarricense, dem bedeutensten Museum für moderne Kunst in Costa Rica) hatte. Dort wurden 35 neuere Arbeiten von ihm gezeigt. Der Katalog liegt ´hier vor. Im Internet finden sich seine Bilder unter

 

 

 

https://www.google.de/search?hl=de&site=imghp&tbm=isch&source=hp&biw=1280&bih=630&q=guillermo+porras+costa+rica&oq=guillermo+porras+costa+rica&gs_l=img.12...151.14264.0.16331.0.0.0.0.0.0.0.0..0.0....0...1.1.64.img..0.0.0.PS85rc4rZtY#imgrc=XGsSLnxiNsYF4M:

 

 

 

 

 

Ana Rita Rosales O.

 

 

 

Rita ist Malerin und Schülerin von Guillermo. Näheres zu ihren Arbeiten und ihrem Lebenslauf befindet sich auf ihrer Homepage: http://www.azulakita.com/koken

 

 

 

Rudolfo Varela Ramierez

 

 

 

Rudolfo ist Bildhauer. Näheres zu seinen Arbeiten und zu seinem künstlerischen Lebenslauf befinden sich auf seiner Hompage: http://www.ticoclub.com/cerodvarb.htm

 

Rudolfo hat mir nach dem Treffen mehrere E-Mails mit Bildern geschickt, die ich in der digitalen Version dieses Schreibens dokumentiere.

 

 

 

Marcia Salas

 

 

 

Marcia ist Malerin, Tuschzeichnerin und Graveurin. Sie ist mittlerweile auch Nationalpreisträgerin von Costa Rica. Näheres zu ihren Arbeiten und dem künstlerischen Lebenslauf findet sich auf der Internetseite:

 

 

 

http://marciasalas.blogspot.de

 

http://www.ticoclub.com/cpmarsalasb.htm http://www.nacion.com/ocio/artes/Marcia-Salas-evoca-ninez-caballos_0_1033896694.html .

 

 

 

Marica ist sowohl als Malerin, Tuschzeichnerin und Graveurin tätig. Es gibt bei ihr interessante technische Verfahren zu kombinieren oder zu vermischen. Zum einen betreibt sie Öl- und Acrylmalerei. Zum andern arbeitet sie mit Platten aus Hartfaser, die als Druckmatrix dienen. Auch großflächige Stempel kommen bei ihr zum Einsatz. Am interessanten fand ich den von ihr vielfach praktizierten Ansatz, einen Stoff zu bearbeiten, den sie „Perlon“ nannte. Dieser ist jedoch nicht mit dem Stoff identisch, den wir aus den früheren Perlonhemden kennen. Vielmehr handelt es sich um einen Stoff aus der Kleiderherstellung, der oftmals als Futter eingesetzt wird und vielfach eine weiche/rauhe Oberfläche hat. Ein Muster wurde mir geschenkt. Diesen Stoff presst Marcia gegen eine Hartplatte, die mit Gravurtinte getränkt ist. Daraus ergeben sich feine baune Umrisslinien und Figuren, die sie wiederum mit Stempeln oder Pastellfarbe vorsichtig einfärbt. Ihr Hauptthema sind der weibliche Körper und weibliche Gestalten, die Veränderungsformen des weiblichen Körpers. Davon hat sie jedenfalls umfangreiche Serien. Im Bereich der Ölfarbenmalerei nimmt sie auch das Thema der Tiere (z.B. Pferde und Tiere) auf, die im ländlichen Bereich von Costa Rica noch eine Rolle spielen. Sie arbeitet aber stets mit einem starken Verfremdungseffekt, so dass es sich nicht um rein gegenständliche Malerei handelt.

 

 

 

Ihre Perlonbilder sind zum Teil sehr groß, etwa hat das Bild mit drei Frauenkörpern (Anlage) die Ausmaße 2,15 Meter Höhe x 1,45 Meter Breite. Andererseits sind die Bilder sehr leicht und transportfähig. Sie können problemlos zusammengerollt werden und wiegen trotz der Größe noch nicht einmal ein Kilogramm. Marcia erklärte, dass die Bilder wegen des Materials auch kleinere Unfälle immer gut weggesteckt haben, Hinfallen und Knittern ohne Schaden überstanden.

 

 

 

Alle Anwesenden waren sehr interessiert daran, an einer Ausstellung in Deutschland teilzunehmen. Sie sahen eine Chance, selbst neue Einflüsse aufzunehmen und ggf. ihre künstlerische Relevanz durch eine Ausstellung in Europa zu dokumentieren.

 

 

 

Meinerseits sagte ich ihnen zunächst, dass ich mich in Galerien in Essen und Düsseldorf für eine solche Ausstellung verwenden wolle. Ich stellte weiterhin klar, dass die Galerien voraussichtlich keine eigenen finanziellen Mittel haben, die Ausstellung oder die Künstler zu fördern, so dass die Künstler ggf. selber die Kosten für den Transport ihrer Kunstwerke bzw. für ein persönliches Erscheinen übernehmen müssten. Auch Kosten für Versicherungen könnten nicht übernommen werden. Entweder müssten die Künstler hierauf verzichten oder die Kosten ebenfalls selber tragen. In jedem Fall würde ich es für sehr interessant halten, einen Dialog zwischen den künstlerischen Szenen Deutschland/Europas und der lateinamerikanischen Kunst zu vermitteln. Dem stimmten die teilnehmenden Künstler grundsätgzlich zu.

 

 

 

Guillermo meinte weiter, wenn man einen Überblick über die zeitgenössische Kunst in Costa Rica geben wollte, würde auch ein Fotograf dazugehören müssen. Ihm würde spontan Enar Cruz einfallen. Außerdem liegen mir Arbeiten digitaler Fotokunst von Frau Evelyn Castro-Arguedaz vor (s.u.).

 

 

 

Die anwesenden Künstler wissen, wieviel Quadratmeter im Falle einer Ausstellung vorhanden seien. Ich beantwortete dies damit, dass bei einer Sammelausstellung pro Künstler, bei ca. vier Teilnehmern, höchstens ein großes Bild oder zwei bis drei kleine Bilder / Objekte gezeigt werden können.

 

 

 

Guillermo wies darauf hin, dass er auch Professor der Universidad de Costa Rica in der Hauptstadt San Jose ist. Er könne auch eine Gegenausstellung von deutschen Kunstwerken in San Jose organisieren.

 

 

 

Es sei aber wichtig, Sponsoren zu finden. Sponsoren könnten etwa das Kultusministerium in Costa Rica, die Botschaft Costa Rica in Deutschland, die DHL oder die Lufthansa sein. Sobald die grundsätzliche Entscheidung einer Galerie gefallen sei, eine Ausstellung costaricanischer Künstler durchzuführen, benötige man ein Schreiben, wo diese Absicht schriftlich fixiert wird. Dann könne man auch in Costa Rica bei verschiedenen Institutionen eine finanzielle Unterstützung anfragen. Ein genaues Datum müsse in diesem Schreiben nicht genannt werden, ungefähr aber die Jahreszahl der geplanten Ausstellung.

 

 

 

Angefragt wurde ferner die Dauer einer möglichen Ausstellung. Ich sagte, hierzu könne ich keine Auskunft geben, da ja die Grundsatzentscheidung noch nicht gefallen sei.

 

 

 

Ferner wurde ein Interesse der Künstler vorgetragen, persönlich zur Ausstellungseröffnung oder zur Finissage zu kommen. Wenn die Künstler den Flug schon selber bezahlen müssten, bestünde bei Einigen ein Interesse die Hotelkosten zu sparen, ob man evtl. drei oder vier Tage bei Künstlern oder Studenten unterkommen könne.

 

 

 

Meinerseits wurde angefragt, ob die anreisenden Künstler bereit seien, den im Rahmen der Ausstellung als „Gastdozent“ in überschaubarem zeitlichen Rahmen während der Ausstellung Kurse zu geben oder Vorträge zu halten. Grundsätzliches Interesse war gegeben.

 

 

 

Die anwesenden Künstler erklärten weiterhin, dass für sie im Falle einer Ausstellung ein Katalog wichtig sei, der ihre Teilnahme dokumentiert. Dieser Katalog könne einfach gehalten sein (keine hohe Druckqualität) und müsse nicht in großer Auflage gedruckt werden. Der Beleg sei aber wichtig für ihre CV. Eventuell wäre es sinnvoll, für den Katalog und seinen Druck ebenfalls Sponsoren zu finden. Eine Alternative sei ein rein digitaler Katalog der dauerhaft im Internet präsent sei.

 

 

 

 

 

Besprochen wurde schließlich noch die Frage, ob ein Rücktransport der Bilder geplant sei oder ein Verkauf stattfinden könnte. Die Künstler präferieren letzteres.

 

 

 

Nach diesem ersten Gruppengespräch gab es noch eine Reihe einzelner Kontakte zu weiteren Künstlern in Costa Rica, die meinem eigenen künstlerischen Interesse Rechnung trugen, aber auch weiterhin dazu dienten, die Idee der Ausstellung zeitgenössicher costaricanischer Kunst zu vertiefen:

 

 

 

 

 

Werkstattbesuch bei Silvia Monge

 

 

 

Silvia hat auch eine akademische Ausbildung in Malerei, arbeitet aber gemeinsam mit ihrem Mann mit fieberhaftem Interesse im Bereich des „glas fusing“. Darunter konnte ich mir zunächst nichts vorstellen. Am besten schaut man sich einige ihrer Arbeiten an:

 

http://www.silviamonge.com/

 

 

 

Bevor ich ihre Arbeiten sah, meinte sie, es handele sich um eine Art Objektkunst mit Glas bzw. eine Sonderform der Glasmalerei. Sie malt aber nicht auf dem Glas und sie stellt auch keine Glasbilder aus verschiedenfarbigen Glasstücken her, die mit Blei eingefasst werden. Vielmehr handelt es sich um eine mehrschichtige „Glasbäckerei“, die in besonderen Hochleistungsöfen produziert wird. In das Glas „hineingebacken“ werden verschiedenfarbige Glasstücke, Metallpulver, gemalte Metallfarben und auch Objekte wie Drähte etc. Dadurch, dass mehrere Schichten Glas beim „Backen“ übereinandergelegt werden, entsteht der Eindruck, dass die Malerei bzw. Objektkunst im Glas stattfindet, nicht aber auf der Oberfläche des Glases. Die fertigen Objekte sind in Zwischenbereich Skulptur und Malerei anzusiedeln. Sie können sowohl an der Wand als Bild aufgehängt oder aber als Objekt durchleuchtet werden. Auch Silvia hatte Interesse daran, ein bis drei ihrer Werke auf der angedachten Ausstellung zu zeigen.

 

 

 

Werkstattbesuch Evelyn Castro Arguedas

 

 

 

Die Künstlerin erstellt Arbeiten im Mischbereich zwischen Malerei und Fotografie, die zu einer Digital-Art verschmolzen werden. Hierzu liegt jetzt ein beschreibender Text „Rio oscuro“ (schwarzer Fluss) vor, den ich demnächst übersetzen werde. Sie malt aber auch ihre eigenen digitalen Collagen und stellt diese in Form von leicht surrealeistischen Ölbildern aus. Es geht immer um die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Evelyn hat Interesse an der Teilnahme geäußert und ist jederzeit auf Anfrage bereit, kurzfristig Zugang zu ihren digitalen Speichermedien in der Cloud zu gewähren, wo ihre Kunstwerke zu sehen sind.

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt ist festzustellen, dass die costaricanische Kunstszene sehr vielfältig ist und eine hohe Experimentierfreudigkeit aufweist. Es gibt zahlreiche Ansätze, traditionelle und moderne Techniken zu mischen, um zu neuen Ausdrucksformen zu gelangen. Das Ineresse an einem schöpferischen Austausch mit Deutschland ist groß.